đ§ Zusammenfassung
- § 32 StGB regelt Notwehr und Nothilfe im deutschen Strafrecht
- Notwehr schĂŒtzt eigenes Recht; Nothilfe schĂŒtzt das Recht Dritter
- Voraussetzung: gegenwÀrtiger, rechtswidriger Angriff
- Erforderliche Verteidigung: das mildeste wirksame Mittel
- Auch tödliche Gewalt ist erlaubt, wenn kein milderes Mittel greift
- Notwehr/Nothilfe befreit von Strafbarkeit und zivilrechtlicher Haftung
- Beispiele verdeutlichen die Anwendung
- PrĂ€gende BGH-Entscheidung zu tödlicher Notwehr: Fall „WaffenhĂ€ndler“ (1970)
đ️ Einleitung: Der zentrale Gedanke des Gesetzes
„Eine Tat, die durch Notwehr geboten ist, ist nicht rechtswidrig.“
(§ 32 Absatz 1 StGB)
Mit diesem schlichten Satz stellt das deutsche Strafrecht klar: Wer sich oder andere gerechtfertigt verteidigt, muss sich nicht fĂŒrchten – weder vor dem TĂ€ter noch vor dem Gesetz. Es ist das anerkannte Recht eines jeden BĂŒrgers, sich in Gefahrensituationen zur Wehr zu setzen.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen fĂŒr Notwehr und Nothilfe in Deutschland sind im Strafgesetzbuch (StGB) verankert, insbesondere in § 32 StGB. Diese Vorschrift regelt, unter welchen Bedingungen eine Abwehrhandlung straffrei bleibt, wenn sie der Verteidigung gegen einen rechtswidrigen Angriff dient.
⚖️ § 32 StGB – Notwehr
Absatz 1:
Eine Tat, die durch Notwehr geboten ist, ist nicht rechtswidrig.
Absatz 2:
Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwÀrtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
đ€ Nothilfe = Notwehr zugunsten Dritter
Die sogenannte Nothilfe ist in § 32 StGB inbegriffen und stellt eine besondere Form der Notwehr dar: Du bist nicht nur berechtigt, dich selbst zu verteidigen – du darfst auch einem Dritten zur Hilfe kommen, wenn dieser rechtswidrig angegriffen wird.
đ Voraussetzungen fĂŒr Notwehr/Nothilfe:
- GegenwÀrtiger Angriff: Der Angriff muss entweder gerade stattfinden oder unmittelbar bevorstehen.
- Rechtswidriger Angriff: Der Angriff darf nicht gesetzlich erlaubt sein (z. B. keine rechtmĂ€Ăige PolizeimaĂnahme).
- Erforderliche Verteidigung: Nur das mildeste wirksame Mittel darf angewendet werden.
- Verteidigungswille: Die Handlung muss bewusst zur Abwehr erfolgen, nicht aus Wut oder Rache.
đĄ️ Wichtiges zur Anwendung:
Die gesetzlich geschĂŒtzte Notwehr/Nothilfe erlaubt auch körperliche Gegenwehr – in ExtremfĂ€llen sogar mit tödlichen Mitteln, sofern kein milderes Mittel zur VerfĂŒgung steht.
Wer im Rahmen der Notwehr oder Nothilfe handelt, handelt nicht rechtswidrig.
- Strafrechtlich: Keine Strafbarkeit
- Zivilrechtlich: Keine Haftung fĂŒr Folgen der gerechtfertigten Abwehrhandlung
đ§Ÿ Beispiele aus der Praxis
1. Nothilfe in der Ăffentlichkeit
Ein Mann sitzt abends in der U-Bahn, als er beobachtet, wie eine Ă€ltere Frau von einem anderen Fahrgast angeschrien und plötzlich mit der Faust geschlagen wird. Der Mann steht auf, geht dazwischen und stöĂt den Angreifer mit einem krĂ€ftigen Schub von der Frau weg. Dabei stĂŒrzt der Angreifer und verletzt sich leicht.
Rechtliche Bewertung:
Der Angriff auf die Frau war gegenwĂ€rtig und rechtswidrig. Der Mann handelte in Nothilfe und wĂ€hlte ein erforderliches und angemessenes Mittel, um den Angriff zu beenden. Auch sein Motiv – die Abwehr eines Angriffs – war rechtlich korrekt.
Ergebnis: Der Mann handelte rechtmĂ€Ăig, sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich.
2. Tödliche Notwehr im eigenen Haus
Ein Hausbesitzer wird nachts durch GerĂ€usche geweckt. Als er in den Flur tritt, steht er plötzlich einem maskierten Einbrecher gegenĂŒber, der ein Messer in der Hand hĂ€lt. Auf den Zuruf „Halt!“ geht der Eindringling sofort und gezielt mit erhobenem Messer auf den Hausbesitzer los. Dieser zieht eine legale Schusswaffe und gibt einen Schuss ab. Der Angreifer stirbt.
Rechtliche Bewertung:
Ein gegenwÀrtiger, rechtswidriger Angriff mit einer Waffe liegt vor. Die Schusswaffe war das einzige wirksame Mittel. Der Hausbesitzer handelte nicht aus Rache, sondern zur Abwehr.
Ergebnis: Die tödliche Notwehrhandlung war rechtmĂ€Ăig.
⚖️ Juristisch bekannte Entscheidung: BGH-Fall „WaffenhĂ€ndler“ (1970)
Ein besonders prÀgender Fall zur tödlichen Notwehr wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 1970 entschieden (BGHSt 23, 16):
Ein WaffenhĂ€ndler wurde in seinem GeschĂ€ft ĂŒberfallen. Als einer der TĂ€ter mit gezogener Waffe auf ihn zutraten, erschoss er ihn. Die Anklage lautete zunĂ€chst auf Totschlag.
Der BGH stellte klar:
„Wer angegriffen wird und sich der Gefahr nicht anders erkennbar entziehen kann, darf sich auch mit tödlicher Gewalt verteidigen – solange dies erforderlich ist, um das eigene Leben zu schĂŒtzen.“
Kernaussage: Die Verteidigung war zulĂ€ssig, da alle Voraussetzungen der Notwehr erfĂŒllt waren. Der Fall wurde zum Lehrbuchbeispiel fĂŒr erlaubte tödliche Notwehr.
đ§© Fazit
Notwehr und Nothilfe sind tragende SĂ€ulen des deutschen Strafrechts. Sie geben jedem Menschen das Recht, in Ausnahmesituationen fĂŒr die Unversehrtheit des eigenen Körpers und die Rechte anderer einzustehen – auch mit erheblicher Kraft, wenn es keinen anderen Ausweg gibt.
Wer besonnen handelt, den Angriff klar erkennt und nur so weit zurĂŒckschlĂ€gt, wie es notwendig ist, steht auf sicherem rechtlichem Boden – geschĂŒtzt durch § 32 StGB, das Gesetz fĂŒr Menschen, die nicht wegschauen, sondern handeln.