Translate

Holocaust und Verbrechen an Palästinensern — ein Vergleich

Holocaust und Verbrechen an Palästinensern — ein Vergleich

Ein Beitrag von Wilhelm Hombach — sachlich, vorausschauend. Datum: 10. September 2025

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Holocaust — Kernmerkmale
  3. Gewalt gegen Palästinenser*innen
  4. Vergleich: Gemeinsamkeiten
  5. Vergleich: Unterschiede
  6. Völkerrechtliche Aspekte
  7. Landraub: Historischer Kontext und aktuelle Siedlungspolitik
  8. Verhältnis von Gewalt und Verantwortlichkeit
  9. Schlussfolgerung und Appell

1. Einleitung

Der Versuch, das industrielle Verbrechen des Holocaust mit gegenwärtigen Gewaltakten im Nahen Osten zu vergleichen, verlangt äußerste Sachlichkeit. Eine pauschale Gleichsetzung kann historische Singularität verwischen und zugleich aktuelle Opfer unsensibel behandeln. Dieser Artikel benennt Gemeinsamkeiten und Unterschiede, skizziert den völkerrechtlichen Rahmen und diskutiert die These, dass anhaltende Kampfhandlungen Waffenstillstände verhindern könnten — als analytische Betrachtung, nicht als endgültige rechtliche Feststellung.

Das Leid der Menschen - früher und heute...

2. Holocaust — Kernmerkmale

Der Holocaust (ca. 1933–1945) war eine staatlich organisierte, zentral geplante Vernichtungspolitik mit dem erklärten Ziel, das jüdische Volk in Europa als solches zu zerstören. Kennzeichen waren: systematische Verfolgung, Deportationen, Konzentrations- und Vernichtungslager, industrielle Tötungsmethoden und eine bürokratisch-technokratische Organisation der Vernichtung. Das Ergebnis war die Ermordung von etwa sechs Millionen europäischen Jüdinnen und Juden sowie die Verfolgung weiterer Gruppen (Roma, Menschen mit Behinderungen, politische Gegner usw.).

3. Gewalt gegen Palästinenser — Merkmale der aktuellen Lage

Seit der Eskalation ab Oktober 2023 kam es in Gaza zu massiven Angriffen mit sehr hohen zivilen Verlusten, weitreichender Zerstörung ziviler Infrastruktur und umfassenden humanitären Engpässen. Berichte internationaler Organisationen dokumentieren umfangreiches Leid, zahlreiche Tote und Vertreibung. Parallel laufen völkerrechtliche Prüfungen zu möglichen Kriegsverbrechen und anderen internationalen Straftatbeständen.

4. Vergleich: Gemeinsamkeiten

  • Massenhaftes Leid: In beiden Fällen starben zahlreiche Zivilpersonen; Familien wurden zerstört und Überlebende traumatisiert.
  • Entmenschlichung: Rhetorik, die Gegner als Kollektiv abwertet, erleichtert Gewaltanwendung.
  • Kollektivstrafe: In beiden Kontexten werden ganze Bevölkerungsgruppen für das Handeln Einzelner verantwortlich gemacht.

5. Vergleich: Unterschiede

  • Absicht: Der Holocaust verfolgte die physische Vernichtung eines ganzen Volkes. Die israelischen Militäroperationen deklarieren offiziell die Bekämpfung bewaffneter Gruppen, auch wenn Kritiker Elemente kollektiver Bestrafung sehen.
  • Organisation: Der Holocaust war zentral geplant, industrialisiert und europaweit koordiniert. Die aktuellen Operationen sind konventionelle Kriegshandlungen mit massiven humanitären Folgen.
  • Singularität: Die Kombination aus Ziel, Umfang und technokratischer Organisation macht den Holocaust historisch einzigartig.

6. Völkerrechtliche Aspekte

Relevante Institutionen sind u. a. der Internationale Gerichtshof (ICJ) und der Internationale Strafgerichtshof (ICC). Beide prüfen Vorwürfe von Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Menschenrechtsorganisationen liefern ergänzende Berichte. Eine abschließende völkerrechtliche Bewertung erfordert förmliche Verfahren und gesicherte Beweise.

7. Landraub: Historischer Kontext und aktuelle Siedlungspolitik

Die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 basierte auf dem UN-Teilungsplan von 1947, der Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufteilen sollte. Während Israel gegründet und international anerkannt wurde, blieb der arabische Teilstaat aus; die Flucht und Vertreibung von Hunderttausenden Palästinenser (Nakba) bedeutete bereits eine erste, von der internationalen Gemeinschaft hingenommene großflächige Landnahme. Palästinensische Gebiete wurden entweder in Israel integriert oder unter die Verwaltung Jordaniens (Westjordanland) und Ägyptens (Gaza) gestellt. Viele Palästinenser verloren dauerhaft ihre Heimat und erhielten bis heute kein Rückkehrrecht.

Chronologischer Überblick

  • 1947: UN-Teilungsplan sieht die Gründung eines jüdischen und eines arabischen Staates vor.
  • 1948: Gründung Israels; arabischer Teilstaat entsteht nicht. Nakba: Flucht und Vertreibung von rund 700.000 Palästinensern.
  • 1949: Waffenstillstandslinien (»Grüne Linie«); große Teile Palästinas dauerhaft unter israelischer Kontrolle.
  • 1967: Sechstagekrieg; Israel besetzt Westjordanland, Gaza, Ostjerusalem, Sinai und Golanhöhen. Beginn dauerhafter Siedlungspolitik.
  • 1993–1995: Oslo-Abkommen schaffen Autonomiebehörde, lassen aber viele Kernfragen ungelöst.
  • 2000er Jahre: Ausweitung israelischer Siedlungen trotz internationaler Kritik.
  • 2024/2025: Weitere Siedlungsprojekte und administrative Maßnahmen zur Enteignung palästinensischer Flächen. Internationale Beobachter sprechen von systematischer Untergrabung einer Zweistaatenlösung.

Seit 1967 haben aufeinanderfolgende israelische Regierungen Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem gefördert, was von Menschenrechtsorganisationen und UN-Stellen als fortgesetzte Aneignung besetzter Gebiete kritisiert wird. Diese Politik untergräbt die Möglichkeit eines zusammenhängenden palästinensischen Staatsgebiets und wird vielfach als »Landraub« bezeichnet.

Seit 2024/2025 berichten Medien und UN-Stellen über weitere Ausweitungen, den geplanten Bau neuer Siedlungen und administrative Maßnahmen, die faktisch zur Enteignung palästinensischer Flächen führen. Solche Maßnahmen finden vor dem Hintergrund einer langjährigen Siedlungspolitik statt und verschärfen die Perspektiven auf eine Zweistaatenlösung erheblich.

8. Verhältnis von Gewalt und Verantwortlichkeit

Bei einer fairen völkerrechtlichen Betrachtung steht Verantwortlichkeit im Vordergrund: Einzelne Täter, Kommandeure und politische Entscheidungsträger können für Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit persönlich haftbar gemacht werden; Staaten können völkerrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Die Tatsache, dass die Hamas schwere Verbrechen begangen hat, entbindet nicht davon, dass auf israelischer Seite mögliche völkerrechtswidrige Handlungen unabhängig untersucht und, falls bewiesen, strafrechtlich verfolgt werden müssen. Die parallele Verfolgung beider Seiten ist Voraussetzung für Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit.

9. Schlussfolgerung & Appell

Die historische Einzigartigkeit des Holocaust darf nicht relativiert werden. Gleichwohl ist es notwendig, gegenwärtige Gewalt kritisch zu analysieren und völkerrechtliche Konsequenzen einzufordern. Mechanismen wie Entmenschlichung, Kollektivstrafen und massives ziviles Leid sind Warnsignale, die ernst genommen werden müssen.

Appell: Fordern wir unabhängige Ermittlungen, humanitären Zugang, Schutz der Zivilbevölkerung und eine nachhaltige, rechtsbasierte Lösung. Nur durch Klarheit und Rechtsdurchsetzung lassen sich Wiederholungen massiver Verbrechen verhindern.