📜 Hintergrund und rechtliche Lage
Ursprung des Westjordanlandes (West Bank)
Das Westjordanland wurde 1948 nach dem ersten Arabisch-Israelischen Krieg von Jordanien annektiert und 1967 im Sechstagekrieg von Israel militärisch besetzt. Seitdem steht es unter israelischer Kontrolle. Es handelt sich dabei um ein besetztes Gebiet im Sinne des Völkerrechts.
Völkerrechtliche Bewertung
Gemäß der Vierten Genfer Konvention (Art. 49) ist es einer Besatzungsmacht untersagt, Teile der eigenen Bevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet zu transferieren. Die meisten Staaten und die UN betrachten daher den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland als illegal. Israel argumentiert dagegen, doch die internationale Gemeinschaft weist dies mehrheitlich zurück.
📆 Chronologie des Siedlungsbaus im Westjordanland
1967 – Beginn der Besatzung
Nach dem Sieg im Sechstagekrieg besetzt Israel das Westjordanland, den Gazastreifen, Ostjerusalem, die Golanhöhen und die Sinai-Halbinsel.
Ab 1970 – Erste Siedlungen
Die ersten Siedlungen im Westjordanland entstehen unter der Regierung von Golda Meir – teils unter dem Vorwand von Sicherheitsbedürfnissen, teils aus ideologischen Motiven.
1977 – Systematischer Ausbau unter Begin
Mit Menachem Begin (Likud) an der Macht beginnt der systematische Ausbau von Siedlungen. Die Bewegung Gusch Emunim (religiöse Nationalisten) wird zentraler Akteur. Infrastruktur wird gezielt für jüdische Siedlungen geschaffen.
1993 – Oslo-Abkommen
Das erste Oslo-Abkommen verspricht eine Zwei-Staaten-Lösung. Trotzdem geht der Siedlungsbau weiter – oft sogar beschleunigt. Palästinenser verlieren das Vertrauen in den Friedensprozess.
2000–2005 – Zweite Intifada und Rückzug aus Gaza
Israel erlebt eine Welle palästinensischer Anschläge. 2005 zieht sich Israel aus dem Gazastreifen zurück – nicht aber aus dem Westjordanland, wo weiter gebaut wird.
2010er – Massive Expansion und internationale Kritik
Unter Netanjahu erleben die Siedlungen einen neuen Bauboom. Trotz internationaler Proteste, Resolutionen und EU-Verurteilungen wird weitergebaut. „Fakten auf dem Boden“ sollen geschaffen werden.
2020 – Trump-Plan und Annexionserwägungen
Der „Deal des Jahrhunderts“ von US-Präsident Trump erkennt viele Siedlungen faktisch an. Israelische Politiker fordern daraufhin offen die Annexion weiter Teile des Westjordanlands.
2023–2024 – Siedlergewalt und Eskalation
Zunehmende Gewalt durch radikale Siedler gegen palästinensische Dörfer. Die UNO spricht von einer „Explosion illegaler Außenposten“, die durch die Armee oft nicht verhindert, sondern indirekt gedeckt werden.
🏗️ Der Siedlungsbau im Überblick
Umfang
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Über 140 offizielle israelische Siedlungen im Westjordanland, dazu über 100 inoffizielle Außenposten.
- Rund 700.000 israelische Siedler leben heute in den besetzten Gebieten (inkl. Ost-Jerusalem).
Auswirkungen
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Landenteignung und Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung.
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Bau exklusiver Siedlerstraßen, die Palästinenser nicht nutzen dürfen.
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Checkpoints und Sperranlagen, die das tägliche Leben erschweren.
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Ungleichheit in der Wasserversorgung – palästinensische Dörfer leiden, während Siedlungen überversorgt sind.
🔥 Konfliktlage und Gewalt
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Siedlerübergriffe auf palästinensische Ortschaften nehmen zu, oft begleitet von Brandstiftung und Gewalt.
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Die israelische Armee schützt Siedlungen und reagiert teils hart auf palästinensischen Widerstand.
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Palästinensische Gruppen verüben ihrerseits Anschläge – ein Kreislauf der Gewalt, gespeist durch Hoffnungslosigkeit.
🏛️ Politische Dimension
Israelische Position
Viele konservative und religiöse Kräfte sehen das Westjordanland als unverzichtbaren Teil des biblischen Israel. Forderungen nach vollständiger Annexion stehen im Raum, teils unter Verweis auf religiöse Verheißungen.
Internationale Reaktion
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Die UN, die EU, Deutschland und viele andere Staaten lehnen den Siedlungsbau klar ab.
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Resolution 2334 (2016) des UN-Sicherheitsrates verurteilt die Siedlungen eindeutig.
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Dennoch bleibt es bei Worten – wirtschaftliche oder politische Sanktionen gegen Israel bleiben aus.
🚨 Fazit
Der Siedlungsbau im Westjordanland ist:
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völkerrechtswidrig laut UN und Genfer Konvention,
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ein zentrales Hindernis für Frieden und eine gerechte Zwei-Staaten-Lösung,
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ein Auslöser von ethnischer Segregation, Enteignung und Gewalt.
Er schafft unumkehrbare Realitäten, die eine gerechte Lösung immer schwieriger machen.