Zivilschutz in Europa: Ein Vergleich der Schutzbauwerke
Ein Blick auf die unterschiedlichen Strategien von Deutschland, Finnland, Österreich, Schweden und der Schweiz.
Die Diskussion um den Zivilschutz und die Verfügbarkeit von Schutzräumen hat in den letzten Jahren wieder an Bedeutung gewonnen. Dieses Sachstands-Dokument des Deutschen Bundestages vergleicht die Ansätze verschiedener europäischer Länder. Dabei wird deutlich: Während einige Staaten den Bau und Erhalt von Schutzräumen als Kernaufgabe betrachten, haben andere dieses Konzept in der Vergangenheit aufgegeben.
Deutschland: Wandel und Neuausrichtung
Nach dem Kalten Krieg wurde die Zivilschutzstrategie in Deutschland neu bewertet. Im Jahr 2007 entschied die Bundesregierung, den öffentlichen Schutzraumbau einzustellen. Die bestehenden 2.000 öffentlichen Schutzräume mit 1,5 Millionen Plätzen wurden größtenteils stillgelegt. Allerdings wurde diese Entwicklung im Zuge des Ukraine-Krieges gestoppt und die Strategie wird aktuell überdacht. Heute existieren noch 599 öffentliche Schutzräume und rund 9.000 entwidmete private Hausschutzräume. Zuständige Behörde ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).
Finnland: Kontinuierliche Vorbereitung
Finnland setzt seine Strategie des kontinuierlichen Baus und Erhalts von Zivilschutzräumen fort. Diese sind vor allem auf militärische Bedrohungen ausgelegt. Der Bau von Schutzräumen ist in Neubauten mit einer bestimmten Grundfläche gesetzlich vorgeschrieben, wobei die Kosten vom Bauherrn getragen werden. Im Jahr 2020 gab es über 54.000 Schutzräume für 4,4 Millionen Menschen. Die meisten davon sind private Schutzräume, die in Friedenszeiten oft als Lager oder Freizeitanlagen genutzt werden.
Österreich & Schweden: Gegensätzliche Wege
Österreich hat die Schutzraum-Baupflicht nach dem Kalten Krieg aufgegeben. Die Zuständigkeit liegt bei den einzelnen Bundesländern, aber keines schreibt mehr den Bau von Schutzräumen vor.
Ganz anders Schweden: Das Land verfügt über 64.000 Schutzräume mit einer Kapazität für rund 7 Millionen Menschen. Sie sind in öffentlichen, gewerblichen und privaten Gebäuden integriert und werden von der staatlichen Zivilschutzbehörde (MSB) inspiziert und verwaltet.
Schweiz: Weltweite Vorreiterrolle
Die Schweiz gilt als weltweiter Vorreiter im Zivilschutz und verfügt über eine der höchsten Dichten an Schutzplätzen. Der Grundsatz lautet: Jede Einwohnerin und jeder Einwohner muss Zugang zu einem Schutzplatz haben. Bei Neubauten sind private Eigentümer verpflichtet, Schutzräume zu errichten, es sei denn, sie zahlen eine Ersatzabgabe. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) ist die zentrale Behörde.
Tschechien: Passive Verteidigung
Tschechien setzt auf einen passiven Bevölkerungsschutz durch den Bau von Schutzbauten sowie die Erstellung von Evakuierungs- und Alarmierungsplänen. Es wird zwischen ständigen und improvisierten Schutzräumen unterschieden. Ständige Schutzräume müssen in dicht besiedelten Gebieten errichtet werden und sind autark ausgestattet. Der Staat fördert den Betrieb von Schutzsystemen nur in bestimmten Bereichen, wie unterirdischen Verkehrsanlagen.
Fazit: Die Dokumentation zeigt, dass es in Europa keine einheitliche Strategie gibt. Während Länder wie die Schweiz und Finnland den Schutzbau konsequent fortführen, haben andere wie Deutschland und Österreich ihre Konzepte revidiert. Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen könnten jedoch zu einem Umdenken führen.